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Als der 22-jährige Rainer Werner Fassbinder 1967 die Bühne des Antiteaters in München stürmt und kurzerhand die Inszenierung an sich reißt, ahnt niemand der Anwesenden, dass dieser dreiste Typ einmal der bedeutendste Filmemacher Deutschlands werden wird. Schnell schart der einnehmende wie fordernde Mann zahlreiche Schauspielerinnen, Selbstdarsteller und Liebhaber um sich. Er dreht einen Film nach dem nächsten, die auf den Festivals in Berlin und Cannes für Furore sorgen. Der junge Regisseur polarisiert: beruflich wie privat. Aber die Arbeitswut, die körperliche Selbstausbeutung aller Beteiligten und der ungebremste Drogenkonsum fordern bald ihre ersten Opfer.
„Enfant Terrible“ ist eine große Verbeugung des Regisseurs Oskar Roehler vor der Filmikone Rainer Werner Fassbinder. Mit einer kunstvollen Farb- und Lichtdramaturgie und außergewöhnlichen Kulissen nähert sich Roehler dem Fassbinderschen Universum und verschmilzt mit ihm. Episodenhaft erzählt er aus dem Leben des Künstlers und zeigt dabei dessen ganze Bandbreite: vom genialen Regisseur über den verzweifelt nach Liebe Suchenden bis hin zum unerbittlichen Schikaneur. Dabei kann er sich voll und ganz auf seine charismatischen Hauptdarsteller Oliver Massuci und Katja Riemann verlassen.
Insgesamt mehr als 50 Filme bekamen jetzt das Siegel „Cannes 2020“, die das Festival damit fördern will. Die Filmfestspiele hätten eigentlich im Mai stattfinden sollen, wurden aber wegen der Coronavirus-Pandemie abgesagt. Eine Online-Version gab es nicht – und damit bleibt auch die Frage unbeantwortet, ob „Enfant Terrible“ es in den Wettbewerb des Festivals geschafft hätte.