Die Geschichte ist notorisch und schnell erzählt. Dem Laios, Vater des Ödipus, wird vom Orakel vorhergesagt, dass sein erstgeborener Sohn ihn erschlagen und seine Mutter heiraten werde. Daraufhin gibt er Ödipus nach dessen Geburt zum Sterben fort, der wird aber gerettet, wächst bei Zieheltern auf, hört später, dass dies nicht seine wirklichen Eltern seien, macht sich auf, das Orakel zu befragen, versteht aber die Weissagung nicht, erschlägt auf dem Rückweg seinen Vater Laios als Unbekannten, zieht in Theben ein, löst dort das Rätsel der Sphinx, wird Herrscher und heiratet Jokaste, seine Mutter.
Das alles ist schon geschehen, wenn die Tragödie einsetzt, sie beschäftigt sich damit, diesen Inzest aufzuklären, ans Tageslicht zu holen, und endet damit, dass Jokaste sich das Leben nimmt, Ödipus sich die Augen aussticht und Theben verlässt.
Aber worum geht es wirklich in diesem Stück, das beinah jeder kennt, zumindest verbinden sehr viele Menschen mit Ödipus den Wunsch, mit der Mutter zu schlafen und den Vater zu töten.
Was bedeutet das große Schweigen der Menschen, von denen, so scheint es, ein jeder weiß, oder wissen könnte, was da passiert ist. Wer oder was wird durch die zähe und beharrliche Verhandlung geschützt … ist es der Glaube an die Götter? Ist es das böse Geheimnis hinter einer erfolgreichen Herrschaft, die sich einmal mehr beweisen soll und das nicht kann? Ist es eine Sicht auf die Welt, die sich aber radikal verändern muss, damit die Schöpfung bestehen bleiben kann? Johan Simons entwirft eine andere Lesart dieses berühmten Textes, in der Jokaste dem Ödipus das Opfer verweigert und in der sie nicht stirbt.M
Mit Steven Scharf als Ödipus.
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