Samuel Finzi ist Shylock in Javor Gadevs Inszenierung von William Shakespeares ‚Der Kaufmann von Venedig‘ am Nationaltheater Sofia.
Als Bassanio um die reiche Portia werben möchte, unterstützt ihn sein Freund, der Kaufmann Antonio. Um Geld aufzutreiben, willigt Antonio in ein ungewöhnliches Geschäft ein: Sollte er den Kredit nicht zurückzahlen können, darf ihm der jüdische Geldverleiher Shylock (Samuel Finzi) ein Stück Fleisch aus seinem Leib herausschneiden. Der Kaufmann akzeptiert. Denn sind Antonios Schiffe erst zurückgekehrt, schwimmt er in Geld. Der Einsatz auf dem Schuldschein sei ohnehin nur Spaß, behauptet Shylock. Insgeheim jedoch hasst er Antonio und mit ihm die ganze venezianische Gesellschaft. Seit jeher tritt sie den Juden mit Füßen und ist nur an seinem Geld interessiert. Als seine Tochter Jessica zum allgemeinen Spott mit dem Christen Lorenzo durchbrennt, sieht Shylock rot. In seine Wut bricht die Nachricht von Antonios Ruin herein, dessen Schiffe alle gesunken sind. Von Rachedurst getrieben, fordert Shylock nun sein Pfand ein. Währenddessen hat Bassanio in Belmont Portia samt ihrem Vermögen zur Seinen gemacht. Als er von Antonios Schicksal hört, eilt er zurück nach Venedig, um Shylock doppelt und dreifach auszubezahlen. Diesem aber geht es längst nicht mehr um das Geld. Portia verkleidet sich als Rechtsexperte und versucht, sich in die Gerichtsverhandlung einzumischen. Doch als auch ihr Gnadenappell Shylock nicht erweicht, dreht sie den Spieß brutal um und hinter dem edlen Schein Venedigs und Belmonts tritt eine feindselige, hermetische Oberschicht hervor, die die eigenen moralischen und sozialen Werte im Handumdrehen verrät.
Samuel Finzi ist Shylock, ein von der bigotten Gesellschaft benutzter Mensch. Er kämpt um seine Würde und lässt sich bis zur Selbstaufgab ein einen irrationalen Krieg mitreißen, um seine verlorene Tochter zu retten. In dieser Inszenierung von ‚Der Kaufmann von Venedig‘ durchdringt der Schauspieler die verborgenen Handlungen, die Shakespeare angelegt hat. Diese Zusammenhänge entfalten sich unter der Oberfläche der kulturellen, identitären und konfessionellen Konflikte des Theaterstücks, sind aber unvermeidlich in den ursprünglichen Leidenschaften, Intuitionen und Veranlagungen der Figuren enthalten. Dabei zeigt der Ausnahmespieler, wie die Leidenschaften nicht aus einer ideologischen Grundlage entstehen, sondern von den Figuren erst hinterfragt und gerechtfertigt werden, wenn sie sich bereits im Handeln manifestiert haben.