Michael Maertens wird der neue Salzburger Jedermann

Der Schauspieler Michael Maertens wird der neue Salzburger Jedermann, Valerie Pachner spielt die Buhlschaft.

Von Christine Dössel

Jetzt ist es offiziell: Michael Maertens ist 2023 der neue Salzburger Jedermann, Valerie Pachner spielt seine Geliebte, die Buhlschaft. In Österreich ist diese Nachricht fast so bedeutend, als würde jemand aus dem Glockenturm des Salzburger Doms verkünden: „Habemus papam.“ Hugo von Hofmannsthals seit 1920 jährlich vor diesem Dom aufgeführtes „Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ ist das unverwüstliche Kernstück und der Renner der Salzburger Festspiele. Die Ahnengalerie der „Jedermänner“ gleicht einem Who’s who nicht nur der österreichischen Schauspielkunst; gespielt haben diese Rolle immer schon die Besten im deutschsprachigen Theater ihrer Zeit.

„Ich würde lügen, wenn ich nicht zugeben würde, dass mich das ein bisschen stolz macht“, sagt der gebürtige Hamburger Michael Maertens, Jahrgang 1963, am Telefon. Er habe mit dieser Rolle nicht mehr gerechnet, „denn ich bin mit 59 ja ein sehr alter Jedermann.“ Maertens, gefeiert als ein Virtuose der Schauspielkunst, ist seit 2009 Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater und damit hinreichend österreichisiert. Der Publikumsliebling mit dem herausragenden komödiantischen Talent hat es sogar – neben Heinz Reincke und Boy Gobert als erst dritter Hamburger überhaupt – zu dem Titel „Kammerschauspieler“ gebracht. Und bei den Salzburger Festspielen ist er seit 1993 auch immer wieder aufgetreten, hat dort zuvor auch schon Klaus Maria Brandauer in der Rolle des Jedermann bewundert und später Gert Voss

Maertens übernimmt die Staffel von Lars Eidinger, der in Salzburg nur zwei Sommer lang spielte und gemeinsam mit Verena Altenberger das Verhältnis zwischen dem Titelhelden und seiner Gespielin erfrischend neu und zeitgemäß interpretierte. Valerie Pachner, die neue Buhlschaft, ist wie ihre Vorgängerin Österreicherin und vor allem durch Filmrollen bekannt, so spielte sie etwa in Terrence Malicks 2019 in Cannes gefeiertem Werk „Ein verborgenes Leben“. Im neuen „Jedermann“ wird sie gleichzeitig auch – das gab es noch nie – den Tod übernehmen. Ein Besetzungs-Coup, den Maertens begrüßt: „Da gibt es viele Möglichkeiten für uns, gemeinsam ins Spielen zu kommen.“

Im nun letzten Jahr von Bettina Hering als Schauspieldirektorin ist der „Jedermann“-Regisseur nach wie vor Michael Sturminger, mit dem sie 2017 antrat (damals mit Tobias Moretti in der Titelrolle). 2023 gibt es eine fast komplett neue Besetzung. Cornelia Froboess wird Jedermanns Mutter spielen, Helmfried von Lüttichau den guten Gesell, Sarah Viktoria Frick die Doppelrolle Teufel/Gott. Mit dabei ist auch die famose Musikerin und Sängerin Anja Plaschg, bekannt als Soap&Skin, sie spielt den Glauben. Michael Maertens freut sich auf und über diese „illustre Runde“. Er glaubt, das man mit dem „Jedermann“ tatsächlich „etwas Heutiges erzählen“ und „die Menschen damit berühren und zum Nachdenken bringen“ kann. Eigentlich, sagt Maertens, „will ich dort weitermachen, wo Lars Eidinger aufgehört hat. Den ich sehr verehre und einen spektakulären Schauspieler finde.“

Und wie lustig wird nun dieser „Jedermann“, wenn ein Ironiker und Komödiant wie Maertens ihn spielt? „Ich glaube schon, dass in der Verzweiflung dieses Mannes, in dieser tiefen Angst vor dem Sterben eine gewisse Portion Komik liegt“, sagt Maertens. „Menschen sind ja immer dann lustig, wenn sie scheitern, wenn sie fallen und gegen Türen rennen. Insofern sehe ich da für mich ein paar Möglichkeiten.“ Er vergleicht die Rolle mit „Richard II.“, seinem größten Erfolg mit dem Regisseur Claus Peymann am Berliner Ensemble. Die beiden Figuren seien sich ähnlich: „Es sind zwei Menschen auf dem Zenit ihrer Karriere, die dann rasant fallen und darüber in Verzweiflung, aber auch in die Selbstreflexion geraten.“ Peymann lässt ausrichten, dass er sich für „Michi“ Maertens sehr freue und vielleicht sogar kommen werde, um sich den „Jedermann“ endlich einmal anzusehen. Es wäre das erste Mal: „Es hat mich nämlich immer ein bißchen geschauert.“

Quelle: Süddeutsche Zeitung vom