„Das Mädchen und die Spinne“ mit Henriette Confurius und Ursina Lardi gewinnt bei der 71. Berlinale den Preis für Beste Regie und den FIPRESCI-Preis (Sektion Encounters)

Jurybegründung:
Ein kaputtes pdf. Ein Hund, der Schwämme stiehlt. Eine junge Frau mit Verletzungen. Löcher in Plastikbechern, aus denen sich Wein wie Blut über Tisch und Boden ergießt. Was als Umzug von einer Wohnung in eine andere beginnt, offenbart nach und nach Missverständnisse zwischen den Menschen und Fehlfunktionen der Objekte. Zweideutige Blicke und eine Sprache, die zwar poetisch ist, aber nichts mehr vermittelt, vergrößern die Spannung zusätzlich. In sehr scharfen und klaren Bildern gelingt Ramon und Silvan Zürcher das, was nur wenigen gelingt und was im Kino des 21. Jahrhunderts immer wichtiger wird: Sie schaffen ein eigenes ästhetisches und erzählerisches Universum. Voller Leichtigkeit und ernst zugleich etablieren die Regisseure eine hyperrealistische Welt voller dunkler Details, die immer wieder zu einem emotionalen Ausbruch führen können – eine glänzende, gereizte Oberfläche, in der sich die Risse unserer Zeit auftun.

Inhalt:
Lange Zeit haben Mara (Henriette Confurius) und Lisa (Liliane Amuat) gemeinsam mit Markus (Ivan Georgiev) in einer WG gewohnt, doch nun zieht Lisa aus in eine eigene Wohnung ganz für sich allein. Eigentlich ein Anlass zur Freude, doch das geschäftige Treiben von Freund*innen und Verwandten, die mit helfen beim Bezug der neuen Wohnung, deren Grundriss wir zu Beginn gezeigt bekommen, und beim Ausräumen der alten, vibriert vor Spannungen verschiedener Art. Schnell merkt man, dass die Dinge zwischen Lisa und Mara nicht gerade zum Besten stehen, Verletzung und Traurigkeit, zwischen denen immer wieder kleine Gesten einer ehemaligen oder vielleicht immer noch gegenwärtigen Vertrautheit hindurchschimmern, dazu irritierende Sätze und kleine Handlungen, die mindestens passiv-aggressiv gedeutet werden müssen — all das durchbricht und unterminiert die Oberfläche eines Umzugs mit Freunden und der Verheißung eines unbelasteten Neuanfangs an einem anderen Ort in der nicht genauer benannten Stadt. Da gibt es Liebespaare, die sich gerade getrennt haben, andere, die gerade erst (vielleicht) zusammenfinden, Freundschaften, die zerbrechen (oder auch nicht), Flirts wie zwischen Lisas Mutter (Ursina Lardi) und dem Handwerker Jurek (André M. Hennicke), Annäherungsversuche wie zwischen Jan (Flurin Giger) und Mara, die ihn brüsk zurückweist, und immer wieder aufbrechende, schwelende Konflikte, niemals laut, aber stets von brennender Intensität.

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